Heft 1 / 2018
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Anne Dörr, Anna Dell, Hans Joachim Linke, Andreas Pfnür
Deutsche Industriestandorte – eine Untersuchung von branchenspezifischen Standortfaktoren
Industrial sites in Germany – analysis of site-related-factors
Allgemeine
und branchenspezifische Standortfaktoren werden weltweit als Grundlage
für die Standortentscheidung von Industrieunternehmen
herangezogen. Deutschland weist im EU-Vergleich einen relativ hohen und
stabilen Anteil des produzierenden Gewerbes auf, was nicht zuletzt auf
das gegenwärtig positiv zu bewertende Zusammenspiel dieser
Faktoren zurückzuführen ist. Woran das liegt und wie die
branchenspezifischen Standortfaktoren deutscher Industriestandorte im
konkreten aussehen, wird in diesem Heft für die Branchen Chemie,
Konsumgüter, Automobil und Elektro thematisiert werden. Dieser
Beitrag führt hierzu vorbereitendin die Gesamtthematik ein.
General and
industry-specific site-related factors are used worldwide as the base
for industrial companies’ location decisions. Germany is
currently doing quite well in the interplay of these factors and has a
relatively high and stable share of the manufacturing industry compared
to the EU. Where is this related to and how do the specific siterelated
factors of German industrial sites look like in concrete terms? In this
journal, we have a look on chemical, consumer goods, automotive and
electrical industry. This is the theme of this special issue, for which
this article provides an introduction.
- Mohammad Qashgish, Dogus Gelisken
Standortfaktoren der Automobilindustrie in Deutschland im internationalen Vergleich
Location factors in the german automotive industry compared internationally
Die
Automobilbranche ist der umsatzstärkste Sektor der deutschen
Wirtschaft. Auch im internationalen Vergleich zählen die deutschen
Produktionsstandorte zu den bedeutendsten weltweit (vgl. VDA 2016, S.
42; Wallentowitz, Freialdenhoven und Olschewski 2009, S. 3). Die hohe
wirtschaftliche Bedeutung sowie die zunehmende
Wettbewerbsfähigkeit alternativer nationaler wie internationaler
Standorte stellen den Produktionsstandort Deutschland jedoch vor neue
Herausforderungen (vgl. Lamparter 2013, S. 1). Steuerliche Aspekte und
gesetzliche Rahmenbedingungen belasten die Wettbewerbsfähigkeit
des Standorts Deutschland ebenso wie das hohe Lohnkostenniveau (vgl.
Deloitte 2014, S. 27; VDA 2016, S. 42 f). Da Standortentscheidungen
langfristigen Strategien unterliegen, die von verschiedenen
branchenspezifischen Faktoren beeinflusst werden, ist die Erfassung und
Priorisierung dieser für die Automobilindustrie für eine
Strategieentwicklung zur Sicherung der langfristigen
Wettbewerbsfähigkeit von grundlegender Bedeutung. Im Rahmen dieser
Untersuchung wurde dazu eine Expertenbefragung mit sechs bedeutenden
Stakeholdern durchgeführt und mit den Erkenntnissen aus der
Theorie und der Analyse von 20 Standorten in Deutschland verglichen.
Ein besonderes Augenmerk wird auf die Verfügbarkeit gut
ausgebildeter, qualitativer Fachkräfte in Verbindung mit dem
Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis gelegt. Wegen der
hohen Anforderungen an Just in Time-, Just in Sequence-Lieferungen
(JIT, JIS) ist die Nähe der Automobilhersteller / Zulieferer und
eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur ebenso essentiell, wobei die
Wichtigkeit letzterer im Trade-Off zu den Mietkosten dominiert. Neben
dem hohen Lohnkostenniveau und den Steuern konnten aus dem
internationalen Vergleich mit dem Standort China die geringen
Marktchancen und die geringe Flächenverfügbarkeit
Deutschlands als wichtige, belastende Faktoren identifiziert werden.
Inwiefern die analoge Errichtung sog. Sonderwirtschaftszonen zur
Begegnung dieser Aspekte möglich ist, bleibt zu untersuchen. Fest
steht, dass vermehrte staatliche Ausgaben und Investitionen in die
beiden erstgenannten Faktoren zum Ausbau der Standortvorteile
erforderlich sind.
The automobile sector has progressively gained importance in the
German industry over the last years. As a matter of fact, the
globally well-known German automobile production site is facing an
increased competitiveness of alternative international production
sites. These facts yielded new challenges for the automobile sector.
Those were amplified by high taxes, a difficult legal framework and a
high labor cost level. As sectoral location factors influence the
location decision by long-term strategies, it is essential to analyse
and identify the ones dominating decisions in the automobile sector in
order to increase the attractiveness. Therefore an expert survey was
implemented in this study as a statistical method to verify theoretical
assumptions. Well-trained experts in connection with a know-how
exchange between research and practice turned out to be as important as
an efficient transport infrastructure and OEM- and supplier awareness.
Besides, a comparison with China showed that the important factors high
labor cost level, taxes and limited market opportunities and land
availability exert a negative impact on the German production site. To
what extent, for instance, an analogous implementation of special
economic zones address this challenge is to be reviewed in studies to
come. However, government spending and investments in the educative
factors are required to reinforce the locational advantage.
- Jara Grüner, Julia Schwarz, Michael Meinzer
Chemieparks in Deutschland und ihre Standortfaktoren
Chemical parks in Germany and their location factors
Die
Chemieindustrie zählt zu den größten Wirtschaftszweigen
in Deutschland. Dennoch hat die Branche gegenwärtig zahlreiche
Herausforderungen zu bewältigen. Durch den Anstieg des globalen
Wettbewerbsdrucks bei gleichzeitiger Verringerung der eigenen
Wettbewerbsfähigkeit gerät die Chemieindustrie zunehmend in
Handlungszwang. Während die Energiekosten in Deutschland
kontinuierlich ansteigen, haben sich die Produktionsbedingungen im
Ausland erheblich verbessert. Daneben stellt der digitale Wandel eine
weitere große Herausforderung für die Chemieindustrie dar.
Die Industrie 4.0 bietet enormes Optimierungspotential durch eine
umfassende Vernetzung sämtlicher Systeme und Prozesse. Setzt sich
die deutsche Chemieindustrie nicht rechtzeitig damit auseinander, sind
erhebliche Wettbewerbseinbußen zu erwarten. Sofern die Bedeutung
der branchenspezifischen Standortfaktoren bekannt ist, können
Chemieparkstandorte in optimaler Weise genutzt werden. Die
Standortfaktoren müssen jedoch aufgrund der verschiedenen
Subbranchen differenziert betrachtet werden und sind von den jeweiligen
Projekten und den betriebswirtschaftlichen Interessen einzelner
Stakeholder abhängig. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde unter
anderem für die Standortfaktoren Energiekosten, Verfügbarkeit
von qualifiziertem Personal sowie die Nähe zu
Autobahnanschlüssen eine sehr hohe Relevanz für die
Chemiebranche festgestellt. Die Analyse zeigt außerdem, dass die
Akzeptanz der Region der wichtigste weiche Standortfaktor ist.
Dementsprechend ist das Engagement von Chemieparkbetreibern und
Unternehmen zur Steigerung der Akzeptanz der Chemieindustrie in der
Region besonders hoch. The chemical industry is one of the biggest
economic sectors in the country. Nevertheless, the industry has to deal
with a range of current challenges, like the rise of global competitive
pressure in chemical industry. While energy costs are continuously
rising, production conditions abroad have improved considerably.
Digital transition is another big challenge for the chemical industry.
To increase the utilization of chemical industry parks, it is important
to know the impact of sectoral location factors. For the purpose of
this study the location factors energy costs, labour availability,
connections to universities and the distance to resources were
examined. Even if hard location factors are relevant, soft location
factors will get more important for locational decisions. The analysis
shows that regional acceptance is the most relevant soft location
factor. Therefore, operators and companies of chemical parks get
involved in society to rise the acceptance of local stakeholder.
- Alexander Boelhauve, Alina Helget, Nicolas Kott
Branchenspezifische Standortfaktoren in der Elektroindustrie
Industry-specific Site-related Factors in the Electrical Industry
Die
Elektroindustrie zählt durch einen besonders hohen Anteil an
Ingenieuren und Beschäftigten in der Forschung und Entwicklung
sowie einem umfangreichen Produktportfolio zu den größten
Industriebranchen in Deutschland. Einzelne Teilbereiche der
Elektroindustrie bilden die Grundlage der fortschreitenden
Automatisierung und Digitalisierung von Leistungserstellungsprozessen,
welche hierzulande insbesondere durch die Hightech- Strategie der
Bundesregierung beworben wird. So ist es wenig verwunderlich, dass in
der Branche ein hohes Innovationstempo in Verbindung mit einem starken
internationalen Wettbewerb herrscht, der sich vor allem in hohen
Fördermitteln in den USA und Asien widerspiegelt. Im Zuge der
Ermittlung von branchenspezifischen Standortfaktoren liefert der
vorliegende Beitrag handelnden politischen Akteuren erste
Rückschlüsse, um die notwendigen Rahmenbedingungen für
ansiedlungswillige Unternehmen zu schaffen. Diese Erkenntnisse bilden
den Ausgangspunkt für die internationale Wettbewerbsfähigkeit
der deutschen Elektroindustrie.
Due to its particularly high number of engineers and employees in
research and development as well as its extensive product portfolio the
electrical industry is one of the largest industrial sectors in
Germany. Individual parts of the electrical industry form the basis for
the ongoing automation and digitalization of service provision
processes, that in Germany are especially promoted by the Federal
Government’s High-Tech Strategy. Therefore, it is no surprise
that the industry is experiencing a high pace of innovation combined
with strong international competition, which above all is reflected in
high subsidies in the USA and Asia. While identifying sector-specific
site-related factors, the present contribution provides involved
political actors with initial conclusions to create the framework
conditions necessary for enterprises willing to settle. This knowledge
forms the initial point for the international competitiveness of the
German electrical industry.
- Ines Buschlinger, Claire Cantzler, Nicole Rettinger
Standortfaktoren der Konsumgüterindustrie in Deutschland
Site-related factors of the consumer goods industry in Germany
Deutschland
stellt als größter Konsumgütermarkt in Europa einen
relevanten Standort für die Konsumgüterindustrie dar. Nicht
nur aufgrund seiner kaufkräftigen Bevölkerung ist Deutschland
für diese Industrie attraktiv (vgl. Germany Trade and Invest GmbH
2017). Auch seine Stellung als Exportland und die internationale
Beliebtheit qualitativ hochwertiger Produkte „Made in
Germany“, sowie seine zentrale Lage und die gute Infrastruktur
machen Deutschland für Konsumgüterunternehmen zu einem
interessanten Produktionsstandort. Dieser Beitrag widmet sich daher der
Frage, welche Standortfaktoren für die Konsumgüterindustrie
im Allgemeinen und für die Nahrungsmittelindustrie im Speziellen
in Deutschland relevant sind.
As the largest consumer goods market in Europe, Germany is a relevant
location for the consumer goods industry. Germany is attractive for
this industry not only because of the high purchasing population (see
Germany Trade and Invest GmbH 2017). Its position as an export country
and the international popularity of highquality products “Made in
Germany” as well as its central location and the good
infrastructure make Germany an interesting production location for
consumer goods companies. This article therefore deals with the
question, which site-related factors are relevant for the consumer
goods industry in general and for the food industry in Germany in
particular.
- Anne Dörr; Anna Dell; Hans Joachim Linke; Andreas Pfnür
Ergebnisse
eines Branchenvergleichs und Handlungsempfehlungen für
Industrieunternehmen und Industrieparks sowie Regionen und
Gemeinden
Results of an industry comparison and recommendations for action for
industrial enterprises and industrial parks as well as regions and
municipalities
Die in den
vorangehenden Beiträgen dargestellten branchenspezifischen
Ergebnisse der Chemie-, Konsumgüter-, Automobil- und
Elektroindustrie zeigen zum einen Gemeinsamkeiten, aber auch
wesentliche Unterschiede bei den Unternehmensstandorten und
zugehörigen Standortfaktoren auf. Außerdem wird auf Vorteile
wie auch eventuelle Herausforderungen und Missstände am Standort
Deutschland hingewiesen. Welche Handlungsempfehlungen sich daraus
für Industrieunternehmen und Industrieparks, Regionen und
Gemeinden ableiten lassen, soll in diesem letzten Beitrag diskutiert
werden.
The industry-specific results of the chemical, consumer goods,
automotive and electrical industries presented in the previous articles
show on the one hand similarities, but also significant differences in
company locations and site-related factors. It also points out
advantages as well as possible challenges and grievances in Germany. In
this last contribution should be discussed which recommendations for
action can be derived from these results for industrial enterprises and
industrial parks as well as regions and municipalities.
- Wilhelm Söfker
Rechtsprechung
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