Heft 4 / 2015
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Axel Fricke
Stadtentwicklung Stuttgart – Strategien und Projekte für eine urbane und bürgerorientierte Zukunft
Reurbanisierung
und Stadtwandel zwingen die prosperierenden Städte zu einer neuen
Handlungsagenda. Die Stadtentwicklung befindet sich dabei in einem
mehrfachen Spannungsfeld: Viele Aufgaben verlangen eine regionale
Lösung, gleichzeitig steigt das Bedürfnis nach lokaler
Verankerung und bürgerschaftlicher Beteiligung. Die Planung ist
mit verschiedenen Entwicklungserwartungen konfrontiert. Die Frage
stellt sich, ob es noch eines Masterplanes bedarf oder die Stadt ihrer
Eigendynamik überlassen werden sollte. Die Innenentwicklung muss
aber tragfähig bleiben, ein Flächenmangel gefährdet die
Daseinsvorsorge. Städte mit Baulandproblemen stehen vor einer
neuen Phase der Verdichtung und des Stadtumbaus, auch um
reaktionsfähig zu bleiben. Die Planung benötigt ein breiteres
Repertoire an Instrumenten und Verfahrensweisen sowie ein
Höchstmaß an Flexibilität. Sie muss programmpolitisch
steuern und zielgenau auf Herausforderungen antworten können. In
Stuttgart wird dieses Vorgehen am Beispiel des unter Druck geratenen
Wohnungsmarktes mit einer Reihe von Grundsatzbeschlüssen und einer
Praxis beantwortet, die die grüne, dichte und vielfältige
Stadt im Blick hat. Erste erfolgreiche Projekte zeigen die Folgen eines
Politikwechsel von einer deregulierten zu einer engagierten
Stadtentwicklungsstrategie, bei der der Gestaltungswille der Kommune
und dasVerständnis für die „Stadtrendite“ stärker zum Ausdruck kommen.
- Luz Berendt
Neuausrichtung der Flurneuordnung in Baden-Württemberg
Die
Flurneuordnung in Baden-Württemberg wurde 2012 auf das von der
Landesregierung formulierte Magische Dreieck aus Landnutzung,
Naturschutz und Tourismus neu ausgerichtet. Sie ist nun noch
ökologischer, transparenter und bürgernäher. Im Verbund
mit land- und forstwirtschaftlichen Anliegen stehen Maßnahmen zum
Erhalt der biologischen Vielfalt, der touristischen Infrastruktur und
Unterstützung der Energiewende. Im Hinblick auf
„öffentliches Geld für öffentliche
Leistungen“ ist nunmehr in allen agrarökologischen
Flurneuordnungen ein ökologischer Mehrwert zu erbringen. Die
Öffentlichkeit wird schon vor dem Flurneuordnungsbeschlussin den Planungsprozess mit einbezogen.
- Ludger Baba
Baulandbedarf und Wohnungspolitik
Die
Wohnungsnachfrage wächst vor allem in den Großstadtregionen
wieder infolge der Landflucht und zuletzt auch aufgrund der hohen
Zuwanderung aus dem Ausland. Da sich regional der Wohnungsneubau nicht
annähernd im gleichen Maß entwickelt wie die
(zuwanderungsbedingte) Nachfrage, nehmen Knappheiten zu und Preise
steigen mit der Folge, dass vor allem einkommensschwache Haushalte
Schwierigkeiten haben, sich angemessen am Markt mit Wohnraum zu
versorgen. Als Antwort darauf zieht die Politik das gesamte
Instrumentenregister von Kooperation, Intervention und Förderung.
Dabei tun sich insbesondere im Hinblick auf die aktuell dominante
Diskussion über die Baukosten erhebliche Widersprüche
zwischen politischem Wunsch und Handeln auf. Ungefähr die
Hälfte des Kostenanstiegs für den Wohnungsneubau im Zeitraum
von 2000 bis 2014 ist zurückzuführen auf veränderte oder
neue Vorgaben bzw. Anforderungen von Bund, Ländern und Kommunen
sowie auf unzureichende Bereitstellung von Baurechten. Die
Baulandpolitik ist dabei ein wesentliches Instrument zur Dämpfung
der Preisentwicklung, weil nur ein Mehr an Wohnungen die Knappheiten
und damit die Ursachen des Anstiegs beseitigen kann. Hinreichend
verfügbares Bauland senkt einerseits
direkt die Wohnungsneubaukosten und ermöglicht anderseits eine
Steigerung des Anbieterwettbewerbs, weil auch preiswerte Anbieter zum
Zuge kommen können. Die Bereitstellung von mehr Baurechten durch
die Kommunen führt aber dann ins Leere, wenn diese dem Markt nicht
zur Verfügung stehen, weil Eigentümer aus spekulativen
Gründen oder anderen Motiven Bauland horten. Durch die
Weiterentwicklung der Grundsteuer zu einer Bodenwertsteuer, die
ausschließlich den Wert des Grundstückes und nicht den der
Bebauung besteuert, entstünden enorme Anreize für
zügigen Verkauf und Bebauung brach liegender oder untergenutzter
Grundstücke.
- Alexandra Weitkamp
Stadt, Land – Management: Aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen im Kontext von Grund und Boden
Auf
das Landmanagement wirken verschiedene äußere
Einflussfaktoren ein, auf die in Stadt und Land ebenso wie im Agieren
selbst reagiert werden muss. Das Landund Immobilienmanagement wird nach
Kötter u. a. (2015) als handlungsorientierte Komponente der
Raumentwicklung und Bodenpolitik verstanden, die alle Planungs- und
Entwicklungsprozesse sowie Bewertungs- und Ordnungsmaßnahmen
für die Nutzung von Flächen und baulichen Anlagen umfasst.
Hierzu nutzt es die notwendigen rechtlichen Instrumente,
ökonomischen Verfahren und ingenieurwissenschaftlichen Methoden
sowie Governanceformen und unterstützt damit eine nachhaltige
Landnutzung ebenso wie die Funktionsfähigkeit des
Immobilienmarktes. Die Entwicklung in Deutschland ist allerdings
heterogen: während im Südwesten die Agglomerationen auf
Wachstum ihrer Städte und damit verbunden insbesondere dem Druck
auf den Wohnungsmarkt reagieren müssen, gibt es viele andere
Kommunen, die trotz der derzeitigen Zuwanderungen aus dem Ausland, dem
Bevölkerungsrückgang und Leerständen begegnen
müssen. Vielfach bedarf es der Auseinandersetzung mit Akteuren
unterschiedlichster Zielsetzungen: Entscheidungen sollen vermehrt im
Konsens getroffen werden, was eine Anwendung von Methoden der
Spieltheorie hinsichtlich der Vorhersage von Entscheidungen und
für die Generierung von Win-Win-Situationen erleichtert.
Ähnlich heterogene Ausgangslagen finden sich auch in den
ländlichen Räumen. Hier ist ein verändertes
Verständnis der Daseinsvorsorge und der Definition
„gleichwertiger Lebensverhältnisse“ festzustellen.
Tendenzen gehen hin zum Wandel des vorsorgenden Wohlfahrts- zum
motivierenden und zum gewährleistenden Sozialstaat. Hier bedarf es
der Unterstützung durch die Bürger und deren
bürgerschaftlichen Engagements. In der Immobilienbewertung ist die
kaufpreisarme Lage weiterhin eine Herausforderung für
Sachverständige: hier existieren nur wenige Informationen, die von
unterschiedlichster Qualität sind. Es bedarf eines Verfahrens zu
Kombination des Expertenwissens mit den diversen Daten, welches eine
Auswertung trotz Ausreißern ermöglicht: die Bayesische
Robuste Regression. Hier müssen insbesondere Methoden zur
Gewichtung der Daten entwickelt werden. Insgesamt begegnet das
Landmanagement mannigfaltigen Herausforderungen und stellt damit ein
interessantes und vielfältiges Forschungsfeld, aber auch ein
Berufsbild für die Praxis mitgroßer Zukunftsperspektive dar.
- Frank Friesecke und Christine Meyer
Vier Jahre KfW-Programm Energetische Stadtsanierung: Eine Zwischenbilanz
Das im
November 2011 durch das ehemalige Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung initiierte KfW-Programm Energetische
Stadtsanierung (Programmnummer 432) ist Bestandteil des Energiekonzepts
der Bundesregierung vom 28.09.2010. Das Programm erweitert den
energetischen Sanierungsprozess vom Einzelgebäude hin zum
Quartier, in dem es Lösungen aufzeigt, wie die Energieeffizienz
vor Ort gesteigert werden kann. Der Beitrag veranschaulicht anhand von
drei Praxisbeispielen aus Baden-Württemberg die entsprechenden
kommunalen, integrierten Herangehensweisen bei
Klimaschutzaktivitäten auf Quartiersebene. Darüber hinaus
liefert er Anregungen, derartige klimaschutzrelevante
Maßnahmenpakete ggf. in Kombinationmit städtebaulichen Sanierungsgebieten zu initiieren.
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