Fachaufsätze

 

Heft 4 / 2012

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  • Axel Fricke                                                                                                                                                                                                    Das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) –
    Perspektiven und baulandpolitische Grundsätze für eine sozial ausgewogene und qualitätsorientierte Stadtentwicklung

    Wie in vielen prosperierenden, noch vom Bevölkerungszuwachs geprägten Städten fehlt es auch dem Stuttgarter Wohnungsmarkt an bezahlbarem Wohnraum. Bei der Gesamtquote liegt Stuttgart unter dem Durchschnitt aller vergleichbaren Großstädte, mit sinkender Tendenz. Der preisgebundene Teilmarkt ist außerordentlich angespannt. Das strukturelle Wohnungsdefizit erschwert die Versorgung benachteiligter Bevölkerungsgruppen, der Wohnungsmarkt verliert seine Integrationskraft. Es besteht Handlungsbedarf. Um den kommunalen Handlungsspielraum – bezogen auf eine sozial ausgewogene und städtebaulich qualifizierte Bodennutzung – bestmöglich zu nutzen, fasste der Gemeinderat am 24. März 2011 den baulandpolitischen Grundsatzbeschluss für ein neues Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM). SIM soll stadtweit und grundsätzlich dann gelten, wenn neues Planungsrecht zugunsten einer höherwertigen Nutzung geschaffen wird. Das neue Modell greift dabei unterschiedliche baulandpolitische Initiativen auf und bündelt sie: Neben einer Quote zur Sicherung preiswerten bzw. geförderten Wohnraums soll es zu einer Vereinheitlichung der Standards zur (haushaltswirksamen) Kostentragung bei Investitionsvorhaben und einer stärkeren Qualitätsorientierung bei der Entwicklung städtebaulich integrierter Lagen beitragen. Es soll eine Gleichbehandlung der Planungsbegünstigten gewährleisten und für alle Verfahrensbeteiligte nachvollziehbar und transparent sein. Das in der Außenentwicklung über Jahrzehnte erfolgreiche, insbesondere zur Sicherung preiswerten Baulands für die Wohnbauförderung eingesetzte „Erweiterte Stuttgarter Modell der Bodenordnung“ kann so künftig auch in der Innenentwicklung stärker zum Tragen kommen. Derzeit wird das erste Praxisjahr evaluiert. Es zeigt sich, dass im Hinblick auf ein routiniertes Abstimmungsprozedere der Verfahrensbeteiligten, eine sachgerechten Anwendung der Konditionen (Zielabwägung) und nicht zuletzt die Behandlung von „Altfällen“ (Vorhaben mit Planungsvorlauf) eine Übergangszeit erforderlich ist.
  • Karsten Zimmermann
    Zwischen Wutbürger und direkter Demokratie: Steckt die Bürgerbeteiligung in der Krise?
    Der Titel dieses Beitrags bietet reichlichen Anlass, um auf die Ereignisse des Jahres 2010 Bezug zu nehmen. Die Bürger der Region Stuttgart reagierten mit intensiven Protesten auf den beginnenden Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs und erzwangen ein Referendum auf Landesebene, das zugunsten des Umbaus ausging. Stuttgart 21 löste damit eine Debatte über die Verfahren der Entscheidungsfindung bei Großprojekten aus, in deren Verlauf die Diagnose einer Krise der repräsentativen Demokratie mit einer Krise der partizipativen Planung verbunden wurde. Denn Stuttgart 21
    ist nur zum Teil ein Einzel- oder Sonderfall, da in der Vermittlung des Projekts Fehler gemacht wurden, die andernorts vielleicht so nicht aufgetreten wären. Wie die Beispiele Münchner Flughafen und Frankfurter Flughafen zeigen, sind Großprojekte auch in anderen Städten stark umstritten. Ist die Bürgerbeteiligung leistungsfähig genug, um eine angemessene Entscheidung gewährleisten zu können? Oder wird die Bürgerbeteiligung als symbolische Politik instrumentalisiert, um ein längst entschiedenes Projekt zu rechtfertigen? Immerhin werden bei den meisten Großprojekten partizipative Verfahren unterschiedlichster Art ergänzend eingesetzt, da die parlamentarische Entscheidungsfindung als unzureichend eingestuft wird. Diese Verfahren sind jedoch – je nach Design und Absicht – offenbar nur begrenzt in der Lage, die Konflikte zu entschärfen und akzeptierte Lösungen herbeizuführen. Dies ruft regelmäßig kritische Bürger auf den Plan, die ihrer Unzufriedenheit Ausdruck verleihen und oft zu Unrecht als Wutbürger tituliert werden. Der Wutbürger steht im Verdacht, kleinlich- egoistische Interessen lautstark und mit undiplomatischen Mitteln zu vertreten. Aber sind im Wutbürger nicht auch Spuren des kritischen Bürgers zu erkennen, der auf Schwächen des repräsentativen Demokratiemodells reagiert und ursprünglich der Bezugspunkt der partizipativen Planung war (Abromeit 2011: 30; Geissel 2006)? Die mangelnde Akzeptanz von Großprojekten läuft auf die Frage nach dem richtigen Verfahren hinaus. Gerade für Großprojekte mit ihren vielen Auswirkungen, einem sehr langen Vorlauf und einer meist ebenso langen Bauphase scheint es ein adäquates Verfahren noch nicht zu geben (Flyvbjerg et al. 2003). Angesichts der Schwächen der repräsentativen Entscheidungsfindung und offenbar auch der Beteiligungsverfahren drängen sich Referenden oder andere direktdemokratische Verfahren auf.

  • Dirk Löhr
    Baulücken und Bodenpreisniveau – eine Hypothese

    In jüngerer Zeit wird die ineffiziente Nutzung der knappen Ressource Fläche zunehmend als Problem erkannt – v.a. im Zusammenhang mit der zunehmenden Inanspruchnahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen. In einer flächendeckenden Untersuchung im Rahmen des Projektes Raum plus 2010 stellte sich beispielsweise heraus, dass für das Land Rheinland-Pfalz unausgeschöpfte Reserven innerhalb der Ortslagen für zusätzliche 200.000 Einwohner („Innenreserven“) und außerhalb der Ortslagen („Außenreserven“, durch Flächennutzungspläne abgesichert) für 500.000 Einwohner bestehen. Erhoben wurden dabei ungenutzte oder geringfügig genutzte Flächen von mehr als 2.000 Quadratmetern (Elgendy / Bodmer 2011). „Verstärkte Fokussierung auf die Innenentwicklung“ heißt die Gegenstrategie. V.a. die Mobilisierung von Baulücken spielt dabei eine große Rolle. Wir verstehen vorliegend – ungeachtet der Vielzahl der Erscheinungsformen (Lobeck et al. 2006, S. 3-4) – Baulücken als unbebaute Grundstücke, welche zwischen bereits bebauten liegen und bei denen aufgrund der vorhandenen oder herstellbaren Erschließung eine kostengünstigere Bebauung möglich wäre.

  • Dieter Heß, Andreas Schleyer
    Das Liegenschaftskataster im Kontext der Geodateninfrastruktur
    Das Liegenschaftskataster hat sich ausgehend von seiner ursprünglichen Zweckbestimmung zu einem multifunktional verwendbaren Geobasisinformationssystem entwickelt. Die Geodateninfrastrukturen, die derzeit auf kommunaler, landesbezogener, nationaler und europaweiter Ebene aufgebaut werden, fördern dessen Verwendung. Die Geobasisdaten des Liegenschaftskatasters nehmen hier eine zentrale Rolle ein. Sie sind eine wichtige Grundlage für die europäische Geodateninfrastruktur INSPIRE, für die vorgegebene Geodatendienste verpflichtend aufzubauen sind. Darüber hinaus bedarf es produktbezogener Geodatendienste für das Liegenschaftskataster, um dem Bedarf der Nutzer in Deutschland zu entsprechen. Datenschutz und Lizenzmodelle spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle. Mit der Geodateninfrastruktur wird das Liegenschaftskataster auf Basis moderner Informations- und Kommunikationstechnologie nutzerorientiert und erstmals für ein breites Publikum zugänglich gemacht. Damit wächst die Bedeutung des Liegenschaftskatasters, daraus erwachsen aber auch neue Anforderungen. Die mit der Geodateninfrastruktur zweifelsohne verbundenen Chancen für das amtliche Vermessungswesen gilt es zu nutzen.

  • Weidong Qu
    Herausforderungen für das Landmanagement in China während der Urbanisierung
    Die chinesische Wirtschaft ist in den letzten 10 Jahren sehr stark gewachsen und zugleich auch der Urbanisierungsgrad. Prognosen zufolge wird der Anteil der städtischen Bevölkerung in China bis zum Jahr 2020 auf über 75 % ansteigen. Die Flächenansprüche für Siedlungsund Verkehrsfläche und damit auch die Landnutzungskonflikte sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Räumen nehmen rasant zu. Um diese Konflikte zu bewältigen, benötigt China passende Strategien und Instrumente für das Landmanagement. In diesem Beitrag werden die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft sowie einige Probleme und Konflikte der Landnutzung aufgezeigt und letztlich wesentliche Herausforderungen für die Immobilienmarktund Bodenmarktentwicklung in China identifiziert. Dabei spielt die „Harmonie“ zwischen Wirtschaftsentwicklung einerseits und den Lebensbedingungen der Bevölkerung andererseits eine besondere Rolle. Schließlich werden die Anforderungen und die zukünftigen Aufgaben für das Landmanagement kurz dargestellt.

  • Wilhelm Söfker
    Aktuelle Rechtsprechung zum Baugesetzbuch (Fortsetzung)  
  • Karl-Heinz Thiemann
    Nachruf zum Tod von Prof. Dr.-Ing. E.h. Hubertus Hildebrandt



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