Heft 5 / 2023
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Reiner Braun
Immobilienmärkte unter Druck – wie wirken sich die kumulativen Krisen und Engpässe aus?
Real estate markets under pressure – what is the impact of cumulative crises and shortages?
Der
Wohnungsmarkt erlebt gerade einen cyclus interruptus: Die
Bautätigkeit bricht ein, ohne dass der binnen- und
zuwanderungsbedingte
Zusatzbedarf befriedigt ist. Schuld sind die über lange Zeit
gestiegenen Herstellungskosten, die jetzt nicht mehr mit Hilfe
sinkender Niedrigzinsen kompensiert werden können. Die Nachfrage
nach Wohnungen liegt nun so lange danieder, bis höhere Einkommen
den Neubau wieder erschwinglich oder steigende Marktmieten ihn wieder
rentabel machen. Alternativ müssen die Herstellungskosten sinken
oder subventioniert werden. Preiseinbrüche im Bestand sind
unumgänglich. Ihr Ausmaß wird diesmal durch fehlenden
Leerstand und unbefriedigten Bedarf begrenzt, bei energetisch unfitten
Immobilien aber durch die Unsicherheit über künftige
Standards vergrößert.
The housing market is currently experiencing a cyclus interruptus:
Construction activity is collapsing without the additional demand
caused by domestic and inward migration being satisfied. This is due to
the fact that construction costs have risen over a long period of time
and can no longer be compensated for by falling low interest rates.
Demand for housing is now low until higher incomes make new
construction affordable again or rising market rents make it profitable
again. Alternatively, production costs must fall or be subsidized.
Price collapses in the existing
stock are inevitable. This time, their extent will be limited by the
lack of vacancies and unmet demand, but in the case of energyinefficient
properties they will be magnified by uncertainty about future standards.
- Mirco
Blinn, Anne Fischer, Sven Lautenbach, Dominik Weiß, Jan Grade,
Timo Heyn, Thomas Abraham, Fred Lennartz und Theo Kötter
Flächeneffiziente
Siedlungsentwicklung in dynamischen Stadtregionen – Szenarien zur
Umsetzung des Nachhaltigkeitsziels
Fläche am Beispiel der Region Köln
Land-efficient settlement development in dynamic urban regions –
scenarios for implementing the sustainability goal of land using the
example of the Cologne region
the sustainability goal of land using the example of the Cologne
regionDer Schutz landwirtschaftlicher Flächen und ertragreicher
Böden hat als zentrales Thema Eingang in die globalen Sustainable
Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen gefunden. Dies
unterstreicht die Bedeutung des Flächen- und Bodenschutzes auch
auf internationaler Ebene vor allem für die
Ernährungssicherung, den Klimaschutz und die Klimaanpassung sowie
für die Erhaltung der Biodiversität ist. Überall dort,
wo Flächen und Böden im Zuge von Urbanisierungsprozessen in
Anspruch genommen
werden wie in dynamisch wachsenden Stadtregionen, handelt es sich um
ein wichtiges „Querschnittsthema“ auf dem Weg zu einer
nachhaltigen Entwicklung. Eine flächeneffiziente Entwicklung mit
Schwerpunkten auf der Innenentwicklung der Städte und Gemeinden
sowie auf einer angemessenen städtebaulichen Dichte stellt daher
das zentrale Nachhaltigkeitsziel für die Fläche dar. Eine
wesentliche Herausforderung besteht darin, eine signifikante
Reduzierung der Inanspruchnahme von wertvollen landwirtschaftlichen
Böden und der Fragmentierung der Landschaft zu erreichen. Dazu
bedarf es sowohl der Innenentwicklung von Bestandsgebieten als auch der
sorgfältigen Standortauswahl für unverzichtbare neue
Baugebiete. Im vorliegenden Beitrag, der auf Ergebnissen und
Erkenntnissen des vom BMBF geförderten Projekts NACHWUCHS beruht,
werden am Beispiel der dynamischen wachsenden linksrheinischen
Stadtregion Kölns die Möglichkeiten einer boden- und
landschaftsschonenden sowie flächensparenden Siedlungsentwicklung
untersucht. Dafür kommt das neue Landnutzungsmodell NACHWUCHS zur
Modellierung der Siedlungsflächenentwicklung in den Städten
und Gemeinden der Region zum Einsatz. Im Ergebnis liefert das Modell
valide Grundlagen für Flächennutzungsentscheidungen auf
verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalenebenen.
The protection of agricultural land and productive soils has been
included as a central theme in the global Sustainable Development Goals
(SDG) of the United Nations. This underscores the importance of land
and soil conservation at the international level, especially for food
security, climate protection and adaptation, and the preservation of
biodiversity. Wherever land and soil are taken up in the course of
urbanization processes, as in dynamically growing urban regions, this
is an important “cross-cutting issue” on the path to
sustainable development. A land-efficient development with emphasis on
the inner development of cities and municipalities as well as on an
appropriate urban density is therefore the central sustainability goal
for the area. A key challenge is to achieve a significant reduction in
the use of valuable agricultural land and fragmentation of the
landscape. This
requires both the internal development
of existing built up areas and the careful selection of sites for
indispensable new building areas. In this article, which is based on
the results and findings of the 5 years lasting NACHWUCHS research
project funded by the German Federal Ministry of Education and Research
(BMBF), the possibilities of a land- and landscape-conserving as well
as land-saving settlement development are examined using the example of
the dynamically growing urban region of Cologne on the left bank of the
Rhine. For this purpose, the innovative land use model NACHWUCHS is
used to model the development of settlement areas in the cities and
municipalities of the region. As a result, the model provides a valid
basis for land use decisions on different spatial and temporal scales.
- Diana Gering
Bewohnerorientierte Grünflächenentwicklung in sozial
benachteiligten Quartieren mit Hilfe informeller
Bürgerbeteiligungsprozesse
Resident-oriented green space development in socially disadvantaged
neighborhoods through informal citizen participation processes
Zwar
sind die deutschen Städte relativ gut mit Grünflächen
versorgt, doch bei genauerer Betrachtung zeigen sich deutliche
Unterschiede auf der Quartiersebene, und gerade sozial benachteiligte
Quartiere sind weniger gut mit hochwertigem, gut erreichbarem
Stadtgrün ausgestattet. Wenn es um die Mitgestaltung der Stadt und
Grünflächenentwicklung geht, ist die Bürgerbeteiligung
in Deutschland allgemein akzeptiert. Allerdings engagieren sich in der
Regel die finanziell und sozial besser Gestellten, während sich
sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen allzu oft nicht
berechtigt fühlen, über ihr Lebensumfeld mitzuentscheiden.
Der Beitrag stellt eine Verbindung zwischen diesen doppelten
Benachteiligungen her und stellt einen kommunalen Leitfaden für
eine erfolgreiche informelle Bürgerbeteiligung an der
städtischen Grünentwicklung innerhalb sozial benachteiligter
Quartiere vor. Dazu wird eine kombinierte Methodik aus
Literaturrecherche und Untersuchung von Fallstudien aus dem
Städtebauförderungsprogramm Sozialer Zusammenhalt mit
GIS-basierter Versorgungsanalyse und Experteninterviews zu aktuellen
Projekten angewandt.
Die Ergebnisse zeigen auf, dass eine Stigmatisierung sozial
benachteiligter Quartiere von vornherein kontraproduktiv ist.
Stattdessen sollten die Anwohner im Sinne des Empowerments als
„Lebensraumexperten“ wertgeschätzt und eine
partnerschaftliche Planungskultur auf Augenhöhe gelebt werden. Um
die Bewohnerschaft in Grünflächenprojekte einzubinden,
sollten hybride und niedrigschwellige Vor-Ort-Formate gewählt
werden. Konstante stadtteilorientierte Sozialarbeit bei gleichzeitiger
proaktiver Unterstützung lokaler Bürgergruppen ist wichtiger
als das Streben nach einer vermeintlich perfekten
Bürgerbeteiligung. Der Beitrag regt eine stärkere
Aufklärung der Öffentlichkeit über Fragen der
Stadtentwicklung sowie eine stärkere Vermittlung von Soft Skills
in der Planerausbildung an. Für die Zukunft bietet vor allem die
Nutzungs- und Instandhaltungsphase von Grünflächen eine
Fülle von Möglichkeiten für effektive
Bürgerbeteiligung.
Albeit German cities are relatively well provisioned with green spaces,
a closer look reveals clear differences at the neighborhood level and
it is the socially disadvantaged neighborhoods (SDN) that are less well
equipped with high-quality, easy-to-access urban greenery. When it
comes to co-shaping urban and green space development, citizen
participation is generally accepted in Germany. However, usually the
financially and socially
better-off get involved, while socially disadvantaged population groups
all too often do not feel entitled to have a say in their living
environment. The contribution establishes a link between these twofold
disadvantages by developing a municipal guideline for successful
informal citizen participation in urban green space development within
SDN. For this purpose, a combined methodology of literature review and
investigation of case studies from the support program Social Cohesion
with GIS-based coverage analysis and expert interviews on current
projects is used. The results show that stigmatization of SDN from the
outset is counterproductive. Instead, residents should be appreciated
as “living environment experts” in the sense of
empowerment, and a planning culture based on partnership and equality
should be practiced. To engage residents in green space projects, hybrid
and low-threshold on-site formats should be adopted. Constant
neighborhood-oriented social work while proactively supporting local
citizen groups is more important than striving for a supposedly perfect
citizen participation. The contribution suggests a stronger education
of the public on matters of urban development as well as more soft
skills instruction in planner training. For the future, the use and
maintenance phase of green spaces in particular offers a plethora of
possibilities for effective civic participation.
- Theo Kötter, Dominik Weiß
Stresstest Stadt – wie robust und anpassungsfähig sind unsere Städte?
Stress test city – how robust and adaptable are our cities?
Die
aktuell eintretenden Krisen durch die Energieknappheit, Dürre- und
Hitzeperioden, Starkregen und Überflutungen, Covid 19, Migration,
Erdbeben, Kriegsereignisse etc. haben deutlich gezeigt, wie vulnerabel
Städte und Gemeinden sind bzw., welche Defizite hinsichtlich ihrer
Resilienz bestehen. Städte und Gemeinden sind daher zunehmend
gefordert, im Rahmen einer integrierten Stadtentwicklungspolitik
bekannte Risiken zu reduzieren,
neuen Risiken vorzubeugen, Krisen künftig noch effektiver zu
bewältigen und die Stadtentwicklung robust, adaptiv und
zukunftsfähig zu gestalten. Dazu haben die Verfasser im Rahmen des
aktuellen Fachdiskurses um eine resiliente Stadtentwicklung ein Konzept
für einen Stresstest für Städte und Gemeinden vorgelegt,
im Rahmen von Testanwendungen plausibilisiert und bei ersten
Praxisanwendungen praxisgerecht weiterentwickelt. Sowohl das Konzept
als auch die Erkenntnisse aus den empirischen Anwendungen werden in
diesem Beitrag dargestellt.
Current interlaced crises such as energy shortages, periods of drought
and heat, heavy rain and flooding, Covid 19, migration, earthquakes,
wars etc. have clearly shown how vulnerable cities and municipalities
are and what deficits exist in terms of their resilience. Cities and
municipalities are therefore increasingly challenged to reduce known
risks, prevent new risks, manage crises more effectively in the future
and make urban development robust, adaptive and sustainable within the
framework of an integrated urban development policy. To this end, the
authors have presented a concept for a stress test for cities and
municipalities within the framework of the current expert discourse on
resilient urban development, have verified its plausibility within the
framework of test applications, and have further developed it in a
practice-oriented manner in initial practical applications. Both
the concept and the findings from the empirical applications are presented in this paper.
- Jan Stielike, Jonas Splietker, Thomas Weyer, Theo Kötter
Großräumiger Stromnetzausbau durch Erdkabel – Herausforderungen für den Flächen- und Bodenschutz
Large-scale power grid expansion using underground cables – challenges for land and soil protection
Zur Umsetzung der
Energiewende besteht laut Einschätzung der Bundesnetzagentur ein
Bedarf für ca. 12 200 km neuer Höchstspannungsleitungen
zur Stromübertragung in Deutschland. Die Leitungen für die
Gleichstromübertragung werden zunehmend als Erdkabel verlegt, bei
deren Bau Flächen in Anspruch genommen und intensiv in den Boden
eingegriffen wird. Ein flächeneffizienter und bodenschonender
Netzausbau erfordert daher eine
angemessene Berücksichtigung dieser Schutzgüter auf allen
Planungs- und Realisierungsstufen. Bislang liegen zu den Wirkungen und
Folgen des Erdkabelbaus auf die Umweltgüter kaum Erfahrungen vor.
Auf Basis einer systematischen Evaluation der rechtlichen Regelungen,
der Planungsprozesse in der Praxis und durchgeführten
Baumaßnahmen zeigt der Artikel die Bedarfe und auch
Möglichkeiten für eine Optimierung des Erdkabelbaus auf.
According to the German Federal Network Agency, there is a need for
around 12,200 km of new extra-high voltage lines for power transmission
in Germany as part of the energy transition. The lines for direct
current transmission are increasingly being laid as underground cables,
the construction of which takes up land and interferes with the soil.
An area-efficient and soil-conserving grid expansion therefore requires
adequate consideration
of these protected assets at all planning and implementation stages. So
far, there is hardly any experience available on the effects and
consequences of underground cable construction on environmental assets.
On the basis of a systematic evaluation of the legal regulations, the
planning processes in practice and the construction measures carried
out, the article shows the needs and also the possibilities for
optimizing underground cable construction.
- Wilhelm Söfker
Rechtsprechung
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