Heft 3 / 2023
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Mona Gennies
Gemeinwohlorientierte
Stadtentwicklung – das leisten Konzeptverfahren und das
Initialkapital-Prinzip der Montag Stiftung Urbane Räume
Designing for the common good – the role of conceptual allocation
of property and the principle of an initial capital in integrated real
estate and urban district development
Eine
gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung ist ein in Politik,
Rechtsprechung und weiten Teilen der Gesellschaft anerkanntes Ziel. Die
Montag Stiftung Urbane Räume setzt sich mit Projekten nach dem
Initialkapital-Prinzip für eine gemeinwohlorientierte
Stadtteilentwicklung ein. Bei Kommunen gewinnt die Vergabe von
Liegenschaften nach dem besten Konzept zur Nutzung –
Konzeptverfahren – an Bedeutung. Was Gemeinwohl theoretisch und
praktisch bedeutet und wie die beiden Instrumente zusammenwirken
könnten, erläutert dieser Artikel.
Urban development oriented toward the common good is a goal recognized
in politics, jurisprudence and large sections of society. With projects
based on the principle of an initial capital in real estate, the Montag
Stiftung Urbane Räume is committed to a common good oriented urban
development. In the case of municipalities, the allocation of real
estate according to the best concept for use is gaining in importance.
This article explains what common good means theoretically and
practically and how the two instruments could work together.
- Matthias Nagel, Jonas Merk und Paul Schirmer
Der gemeinwohlorientierte Einsatz von Erbbaurechten
The public Welfare-oriented use of Leaseholds
Das
Erbbaurecht ist ein zivilrechtliches Instrument der Bodennutzung. Es
trennt das Eigentum am Gebäude von dem Eigentum am
Grundstück. Während der Erbbaurechtsnehmer dadurch
kostensparend bauen kann, bleiben dem Grundstückseigentümer
als Erbbaurechtsgeber weitreichende Einflussnahmemöglichkeiten.
Als nachhaltige Möglichkeit der Vermögensanlage ist es
deshalb in Deutschland schon lange in Gebrauch. Die Vorteile des
Erbbaurechts gehen jedoch darüber weit hinaus: Die
öffentliche Hand kann mit der Bestellung von Erbbaurechten
langfristig gegen Wohnungsnot, steigende Mieten und Leerstand vorgehen.
Immer häufiger taucht das Erbbaurecht deshalb als Instrument einer
gemeinwohlorientierten Bodenpolitik auf. Dieser Artikel erklärt
zunächst die rechtlichen Grundsätze des Erbbaurechts und
führt sodann aus, welche Vorzüge die Bestellung von
Erbbaurechten im Umgang mit der knappen Ressource Boden hat. Im
Anschluss zeigen vier erfolgreiche Beispiele, wie gemeinwohlorientierte
Bodenpolitik durch das Erbbaurecht in der Praxis gelebt werden kann.
Leasehold is a legal instrument of property tenure. It separates
ownership of the building from ownership of the land. While the
leaseholder can build in a cost-saving manner, the landowner, as
grantor of the leasehold, retains far-reaching influence. It has
therefore been in use in Germany for a long time as a sustainable
investment option. However, the advantages of leasehold go far beyond
this: by granting leaseholds, government can take long-term action
against housing shortages, rising rents and vacancies. Leasehold is
therefore increasingly appearing as an instrument of a public
welfare-oriented land policy. This article first explains the legal
principles of leasehold and then explains the advantages of granting
leaseholds in dealing with the scarce resource of land. Subsequently,
four successful examples show how public welfare-oriented land policy
can be lived out in practice through leasehold.
- Rolf Novy-Huy
Die Rolle von Stiftungen in der Stadterneuerung
The Role of Foundations in Urban Regeneration
Stiftungen
– sie können mit den Möglichkeiten ihrer
Vermögensanlage, ihrer Reputation und ihren Möglichkeiten der
Kooperation interessante Partner in der Stadterneuerung sein.
Einerseits ersetzen sie keinesfalls den Staat, dazu sind sie nicht
vermögend genug. Andererseits bleiben sie selbst häufig unter
ihren Möglichkeiten. Eine Hebelwirkung durch die Zusammenarbeit
mit der Zivilgesellschaft und das Erbbaurecht als Vermögensanlage,
aber auch Gestaltungs- und Projektsicherungsinstrument sind die
Stichworte. Praktische Beispiele zeigen, wie aus Problemimmobilien und
städtebaulichen Missständen, Best-Practice-Projekte einer
lebendigen Stadt werden. Wem gehört die Stadt? Der Kampf um das
besondere Gut „Boden“, nicht vermehrbar und keine
„Ware“, macht das Ringen darum sichtbar. Boden als
Stiftungseigentum ist noch keine Bodenreform, aber ein Weg zu mehr
Gemeinwohl. Sonderflächen, wie die des Braunkohletagebaus,
könnten die Fläche für neue gesellschaftliche
Konstruktionen sein – und ein Experiment, um mehr Demokratie zu
wagen.
Foundations – they can be interesting partners in urban
regeneration with the possibilities of their asset investment, their
reputation and their possibilities of cooperation. On the one hand,
they are by no means a substitute for the state; they are not wealthy
enough to do so. On the other hand, they themselves often fall short of
their potential. Leverage through cooperation with civil society and
land leases as an asset investment, but also as a design and project
security instrument, are the keywords. Practical examples show how
problem real estate and urban planning deficiencies can be turned into
best-practice projects for a vibrant city. Who owns the city? The
struggle for the special good “land”, which cannot be
increased and is not a “commodity”, makes the struggle for
it visible. Land as a foundation property is not yet a land reform, but
a way to more common good. Special areas, such as those of open-cast
lignite mining, could be the area for new social constructions –
and an experiment to dare more democracy.
- Angela Hansen
Wohnungsgenossenschaften und zukunftsweisende Wohnmodelle in Hamburg
Housing Cooperatives and forward-looking Housing Models in Hamburg
Hamburg
setzt als wachsende Stadt auf innovative Lösungsansätze, um
zusätzlichen nachfragegerechten Wohnraum bereitzustellen.
Genossenschaften und Baugemeinschaften bieten ein Angebotssegment
jenseits des freifinanzierten oder standardisierten Immobilienmarktes.
Das Modell der Genossenschaften, die ihren Mitgliedern und damit meist
auch den eigenen Mietenden verpflichtet ist, sowie das Modell der
Baugemeinschaften, die es auch privaten Bauherren ermöglicht
Wohnraum zu entwickeln. Beide Modelle tragen zu einem
gemeinwohlorientierteren
Wohnungsmarkt bei. Baugemeinschaften mit ihren häufig
integrierenden Projekten können dabei vor auch für Umfeld
bereichernd wirken.
Hamburg begann frühzeitig Baugemeinschaften zu fördern und
städtische Grundstücke ausschließlich für diese
Zielgruppe zur Verfügung zu stellen. Seit dem Jahr 2003 gibt es
die Agentur für Baugemeinschaften in der Behörde für
Stadtentwicklung und Wohnen, welche Baugemeinschaften in ihren Vorhaben
unterstützt und berät. Angelehnt an andere Formen des
geförderten Wohnungsbaus, gibt es eine eigene
Förderrichtlinie für Baugemeinschaften. Im Fokus stehen dabei
Projekte, die im Rahmen einer Genossenschaft entwickelt werden. Der
Aufwand für diese Form der gemeinwohlorientierten
Immobilienwirtschaft ist hoch. Nicht zuletzt auch bei den Bauwilligen,
die über einen langen Zeitraum Geld und Zeit in ihre Ideen
investieren müssen. Dennoch haben sich Baugemeinschaften in der
Hamburger Wohnungspolitik fest etabliert.
As a growing city, Hamburg relies on innovative solutions to provide
additional housing that meets demand. Cooperatives and building
communities offer a supply segment beyond the privately financed or
standardized real estate market. The model of cooperatives, which is
committed to its members and thus usually also to its own tenants, and
the model of building communities, which also allows private builders
to develop housing. Both models contribute to a more community-oriented
housing market. Building communities with their integrating projects
can also have an enriching effect on the environment. Hamburg began to
promote building communities at an early stage and to make municipal
land available exclusively for this target group. Since 2003, the
Agency for Building Communities has existed in the Department of Urban
Development and Housing, which supports and advises building
communities in their projects. Based on other forms of subsidized
housing construction, there is a separate funding guideline for
building communities. The focus is on projects that are developed
within the framework of a cooperative. The effort required for this
form of public welfare-oriented real estate management is high. Not
least of all for those willing to build, who must invest money and time
in their ideas over a long period of time. Nevertheless, building
cooperatives have become firmly established in Hamburg’s housing
policy.
- Tanja Oelmaier
Die Ulmer Bodenpolitik – mehr als ein strategisches Liegenschaftsmanagementsystem
Land policy of the city of Ulm – more than a strategic property management system
Die Stadt Ulm realisiert
umfangreiche Wohnungsbauprojekte, um der steigenden Nachfrage in einem
prosperierenden Markt gerecht zu werden. Im Umfeld steigender
Immobilien- und Mietpreise gewinnt dabei das Thema „Bezahlbarer
Wohnraum“ immer mehr an Bedeutung. Mit der seit 1889/90
historisch verankerten Ulmer Bodenpolitik versucht Ulm den
Preissteigerungen entgegenzuwirken und den Markt zum Wohl der
Allgemeinheit ein
Stück weit aktiv zu steuern. Die Ulmer Bodenpolitik ist dabei mehr
als ein strategisches Liegenschaftsmanagementsystem und besteht aus
sechs Säulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. In der
Säule „Bodenvorratspolitik“ erfolgt durch eine
gezielte Ankaufsstrategie eine Stärkung der Säule
„Solides Grundvermögen“. Hierdurch gelingt es, die
sehr gute (Verhandlungs-) Position am Markt kontinuierlich auszubauen.
Die Säulen „Wiederkaufsrecht“,
„Bauplanungsrecht“ und „Ulmer Vergabe“ stellen
die zielgerichtete Stadtentwicklung sicher sowie die Erreichung und
vereinbarungsgemäße Umsetzung der städtischen Vorgaben.
Immer wichtiger ist bei bodenpolitischen Themen regional zu denken,
wodurch auch die Säule „Interkommunale Zusammenarbeit“
zunehmend an Bedeutung gewinnt. Basis des Modells und
Grundvoraussetzung für eine gelingende
Umsetzung ist jedoch der vorhandene Rückhalt des Gemeinderats
sowie der Führungsspitze. Politische Vorgaben müssen daher in
Ulm nicht verschriftlicht oder im Detail geregelt werden. Die
Bodenpolitik wird lösungsorientiert gelebt und zwar
einvernehmlich, über alle politischen Fraktionen hinweg, im
Konsens.
The city of Ulm is implementing extensive housing projects to meet the
rising demand in a prospering market. In an environment of rising real
estate and rental prices, the issue of “affordable housing”
is becoming increasingly important. With the Ulm land policy, which has
been historically anchored since 1889/90, Ulm is attempting to
counteract the price increases and to actively control the market to a
certain extent for the benefit of the general public. Ulm’s land
policy is more than just a strategic property management system and
consists of six pillars with different focal points. In the “land
stock policy” pillar, a targeted acquisition strategy is used to
strengthen the “solid land assets” pillar. This enables us
to continuously expand our very good (negotiating) position on the
market. The pillars “Right of repurchase”, “Building
planning law” and “Ulmer Vergabe” ensure targeted
urban development as well as the achievement and implementation of the
city’s targets in accordance with the agreement. It is becoming
increasingly important to think regionally when it comes to land policy
issues, which means that the pillar of “inter-municipal
cooperation” is also gaining in importance. However, the basis of
the model and the basic prerequisite for successful implementation is
the existing support of the municipal council and the top management.
Political guidelines thereforedo not have to be written down or
regulated in detail in Ulm. Land policy is lived out in a
solution-oriented manner and by mutual agreement, across all political
factions, in consensus.
- Theo Kötter
Zur Einbindung von Stadtentwicklungsgesellschaften bei städtebaulichen Großprojekten
Integration of urban development companies in large scale urban development projects
Seit einigen Jahren erleben städtebauliche Großprojekte
wieder eine Renaissance und sind zentrale Bausteine einer dynamischen
Stadtentwicklung. Dabei handelt es sich sowohl um die Entwicklung neuer
Standorte teilweise auf vorgenutzten Flächen im Rahmen der
Innenentwicklung als auch um die Transformation und Erneuerung
großer bestehender Quartiere. Solche Großprojekte sind mit
Risiken behaftet aufgrund der Dimensionen und
Verfahrenszeiten, der Vielzahl der Beteiligten und heterogenen
Interessenlagen sowie auch aufgrund der dynamischen Veränderungen
nicht nur der sozioökonomischen Rahmenbedingungen, sondern oftmals
auch der städtebaulichen Ziele. Deshalb ergeben sich für die
Prozesssteuerung und Organisation bei der Einbindung von
Entwicklungsgesellschaften hinsichtlich der Zielerreichung und
Akzeptanz, der Wirtschaftlichkeit und der Umsetzungsfähigkeit
solcher Projekte erhebliche Anforderungen. Im vorliegenden Beitrag
werden optimale Kooperationsformen unter Einbindung
städtebaulicher Entwicklungsgesellschaften für komplexe
Projekten der Stadtentwicklung aufgezeigt und diskutiert.
For some years now, large-scale urban development projects have been
experiencing a renaissance and are central components of dynamic urban
development. These projects involve both the development of new
locations, in some cases on previously used land, as part of internal
development, and the transformation and renewal of large existing
neighborhoods. Such large-scale projects are fraught with risks due to
their dimensions and procedural times, the large number of participants
and heterogeneous interests, and also due to the dynamic changes not
only in the socio-economic framework conditions, but often also in the
urban development goals. Therefore, considerable requirements arise for
the process control and organization through the integration of
development companies with regard to the achievement of objectives and
acceptance, the economic efficiency and the ability to implement such
projects. In this article, optimal forms of cooperation involving urban
development companies for complex urban development projects are
presented and discussed.
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